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So beginnt der Ekkehard, der Roman von Joseph Victor von Scheffel über den Hohentwiel.

         

Bodensee und Hohentwiel

Es war vor beinahe tausend Jahren. Die Welt wußte weder von Schießpulver noch von Buchdruckerkunst. Über dem Hegau lag ein trüber bleischwerer Himmel, doch war von der Finsternis, die bekanntlich über dem ganzen Mittelalter lastete, im einzelnen nichts wahrzunehmen. Vom Bodensee her wogten die Nebel übers Ries und verdeckten Land und Leute. Auch der Turm vom jungen Gotteshaus Radolfszelle war eingehüllt, aber das Frühglöcklein war lustig durch Dunst und Dampf erklungen, wie das Wort eines verständigen Mannes durch verfinsternden Nebel der Toren. Es ist ein schönes Stück deutscher Erde, was dort zwischen Schwarzwald und schwäbischem Meer sich auftut. Wer's mit einem falschen Gleichnis nicht allzu genau nimmt, mag sich der Worte des Dichters erinnern: Das Land der Alemannen mit seiner Berge Schnee, Mit seinem blauen Auge, dem klaren Bodensee, Mit seinen gelben Haaren, dem Ährenschmuck der Auen, Recht wie ein deutsches Antlitz ist solches Land zu schauen. \x{2013} wiewohl die Fortführung dieses Bildes Veranlassung werden könnte, die Hegauer Berge als die Nasen in diesem Antlitz zu preisen. Düster ragte die Kuppel des hohen Twiel mit ihren Klingsteinzacken in die Lüfte. Als Denkstein stürmischer Vorgeschichte unserer alten Mutter Erde stehen jene schroffen malerischen Bergkegel in der Niederung, die einst gleich dem jetzigen Becken des Sees von wogender Flut überströmt war. Für Fische und Wassermöwen mag's ein denkwürdiger Tag gewesen sein, da es in den Tiefen brauste und zischte und die basaltischen Massen glühend durch der Erdrinde Spalten sich ihren Weg über die Wasserspiegel bahnten. Aber das ist schon lange her. Es ist Gras gewachsen über die Leiden derer, die bei jener Umwälzung mitleidlos vernichtet wurden; nur die Berge stehen noch immer, ohne Zusammenhang mit ihren Nachbarn, einsam und trotzig wie alle, die mit feurigem Kern im Herzen die Schranken des Vorhandenen durchbrechen, und ihr Gestein klingt, als säße noch ein Gedächtnis an die fröhliche Jugendzeit drin, da sie zuerst der Pracht der Schöpfung entgegen gejubelt.

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